Route
Nekropole der Höhlen

Einleitung
Willkommen im Archäologischen Park von Baratti und Populonia. Populonia war die einzige etruskische Stadt am Meer. Ihre Lage trug dazu bei, dass sich der Hafen zu einem strategischen Knotenpunkt im Mittelmeer entwickelte. Er war ein Ort des Handels und des Seeverkehrs und ein Anlaufpunkt für fast alle Schiffe, die das Mittelmeer befuhren. Denn Populonia befand sich im Mittelpunkt der am stärksten befahrenen Handelsrouten der Antike. Die Stadt Populonia gliederte sich in zwei Ortskerne: die Oberstadt, die sogenannte Akropolis, mit ihren öffentlichen und religiösen Gebäuden, also das Herz der antiken Stadt, und die Unterstadt, die sich um den Hafen und das Industrieviertel herum entwickelte, in dem Metalle produziert wurden, das Kupfer aus den Minen von Campigliese und das Eisen von der Insel Elba. Die Eisenverarbeitung begann in Populonia in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts vor Christus. Davor wurde auf der Insel Elba Hämatit, ein Eisenoxid, abgebaut. Es ist kein Zufall, dass Elba in der Antike "la fumosa" (die Rauchige) genannt wurde, wegen der enormen Rauchentwicklung, die von den Öfen ausging. Irgendwann war es jedoch nicht mehr möglich, auf der Insel Eisen zu gewinnen, denn die Etrusker hatten alles abgeholzt, was verbrannt werden konnte und hatten so keinen Brennstoff mehr zur Verfügung. Elba war völlig abgeholzt, und so wurde der gewonnene Hämatit auf Schiffe verladen und zum Golf von Baratti transportiert, wo es Wälder gab, um Kohle als Brennstoff zu gewinnen. Im Laufe der Zeit wurde das Golfgebiet und auch die antike etruskische Nekropole von San Cerbone mit den bei der Verarbeitung anfallenden Eisenschlacken bedeckt. Die ärmeren Bevölkerungsschichten wurden zweifellos in den Schlackenhaufen begraben, aber die aristokratischen Schichten des 4. bis 3. Jahrhunderts v. Chr. machten sich auf die Suche nach einem neuen Friedhofsbereich und entdeckten die alten, inzwischen aufgegebenen Sandsteinbrüche. In den alten Steinbruchwänden wurden daher hypogäische Gräber ausgehauen, so entstand die Höhlennekropole. Vom Besucherzentrum aus ist die „Via delle Cave“, also der Höhlenweg mit roten Schildern gekennzeichnet und beginnt hinter dem Zentrum für experimentelle Archäologie am Eingang des Waldes.

Das Grab der Protome und der kleine Steinbruch
Drei Gräber säumen die Seite des Steinbruchs. Der Dromos, ein Zugangskorridor, ist in den Sandstein gehauen und führt zur Grabkammer. Es handelt sich um unterirdische Gräber aus dem 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr., die bereits geplündert aufgefunden wurden. In einem davon, das man leider aus Sicherheitsgründen nicht besichtigen kann, befindet sich eine merkwürdige Dekoration, das Gesicht einer Frau, eine Protome, die in den Fels gehauen wurde. Es ist die einzige Skulptur, die in den Gräbern von Populonia gefunden wurde, ein grober Frauenkopf, den ein unbekannter Bildhauer wohl nicht fertiggestellt hat. Auf der Tafel vor den drei Gräbern können Sie ein Bild dieser Protome sehen. Bei diesen Gräbern handelt es sich um Familiengräber, in denen mehrere Mitglieder einer Familie bestattet wurden. Die Gräber waren jedoch sorgfältig verborgen: Die Eingänge waren mit Sandsteinblöcken verschlossen und der Zugangskorridor war mit Erde und Steinen aufgefüllt, so dass für jede neue Bestattung der Dromos geleert, die Tür geöffnet und anschließend wieder verschlossen werden musste. Wahrscheinlich wollte man die Kammer mit den Grabbeigaben vor Plünderungen schützen, die auch in der Antike vorkamen. Rechts von den Gräbern steht eine halbkreisförmige Sandsteinmauer, in der Spuren des etruskischen Steinbruchs und Zeichen der Erosion durch Wasser und Wind deutlich sichtbar sind. Man sieht auch die Schichtung des Gesteins mit den Sandablagerungen, die im Laufe der Zeit zementiert sind.

Das Belvedere
Vom Belvedere hat man eine atemberaubende Aussicht: die Sandsteinmauer mit den Gräbern, den wunderschönen Golf von Baratti und, wenn Sie nach oben blicken, das gesamte Val di Cornia mit San Vincenzo, Campiglia Marittima, Suvereto und,in der Ferne den Golf von Follonica. Können Sie die großen weißen Kalksteinbrüche sehen? Das ist Campiglia Marittima, wo die Menschen seit der Antike und viele Jahrhunderte lang Kupfer- und Silberbleierze abbauten.

Treffpunkt
Die archäologische Ausgrabung der Nekropole der Höhlen erfolgte in zwei Phasen: Die erste Ausgrabung geht auf die späten 1970er Jahre zurück, als die bemalten Gräber entdeckt wurden. Danach wurden die Ausgrabungen 1997 wieder aufgenommen, als der Bereich, den Sie vor sich sehen, entdeckt wurde, diese Ausgrabungen wurden im Mai 1998 abgeschlossen. Die Höhlennekropole ist seit Juli 1998 für die Öffentlichkeit zugänglich. Diese archäologische Stätte wurde von den Etruskern in zwei verschiedenen Epochen genutzt: Im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. war das Gebiet ein Steinbruch. Die Etrusker bauten Blöcke aus Kalksandstein ab, einem Sedimentgestein, das als Baumaterial verwendet wurde; die Gräber der Nekropole von San Cerbone wurden mit diesem Gestein gebaut. Die Verwendung von Kalksandstein als Baumaterial setzte sich in späteren Epochen fort und fand nicht nur in der Grabarchitektur, sondern auch beim Bau der Stadtmauern Verwendung. Kalksandsteinblöcke wurden zusammen mit Steinen und Steinplatten auch für die Monumentalisierung der Akropolis in römischer Zeit verwendet. Auch das Gebiet von Buche delle Fate wurde damals als Steinbruch für Sandstein genutzt. Später, ab dem 4. Jahrhundert v. Chr., wurde dieses Gebiet zu einer Nekropole, als die Gegend von San Cerbone und Casone als Begräbnisstätte zugunsten des Eisenerzabbaus aufgegeben wurde. Die Etrusker gruben ihre Gräber in den alten, heute verlassenen Steinbrüchen aus. Sie hauten Kammern in den Fels, in denen sie ihre Toten bestatteten. Es handelt sich um unterirdische Gräber mit einer viereckigen Grabkammer und drei in den Felsen gehauenen Totenbetten für die Beisetzung der Toten.

Den Steinbruch
Wenn man sich den Steinbruch anschaut, sieht man, dass er noch während der Abbauphase stillgelegt wurde, denn das Vorhandensein von Blöcken, die für den Abbau vorbereitet sind, deutet auf eine plötzliche Stilllegung hin. Gegenwärtig ist weder der genaue Zeitpunkt der Stilllegung noch der Grund dafür bekannt. Die von den Steinbrucharbeitern benutzten Werkzeuge wurden von den Archäologen nie gefunden, aber während der Ausgrabungen von 1997/98 wurden zahlreiche Spuren der Werkzeuge an den Felswänden gefunden. Anhand dieser Spuren konnten die Archäologen feststellen, welche Werkzeuge verwendet wurden. Es handelte sich um Spitzhacken, Keile und Meißel, einen feinspitzigen Meißel und einen breitspitzigen Meißel. Zu Gewinnung der Blöcke meißelten sie mit der Hacke eine Furche um den abzubrechenden Block herum, und stießen ihn dann mit Hilfe von Keilen, die an der Basis des Blocks angesetzt wurden, aus dem Steinbruchbett heraus. Da es sich bei Sandstein um ein Sedimentgestein handelt, das aus Schichten von Sandkörnern besteht, die sich abgelagert und verfestigt haben, folgten die Steinmetze beim Abbau der Blöcke der Schichtung des Gesteins. Auf diese Weise ließ sich der Block leicht herauslösen, ohne zu brechen. Man beachte den Verlauf der Abbaufront, die genau entlang der Schichtung des Gesteins verläuft. Nach dem Abbau wurden die Blöcke mit Hilfe eines Seilwindensystems auf Wagen verladen, um zu den Baustellen transportiert zu werden. Man bedenke, dass dieser Bereich vor den Ausgrabungen vollständig aufgeschüttet war, und zwar mit aus dem Steinbruch stammendem Material. Diese Aufschüttung wurde nur teilweise entfernt. Aus Kernbohrungen vor dem Steinbruch wissen wir nämlich, dass die Aufschüttung noch 5 m weitergeht. Dies bedeutet, dass der Steinbruch noch viel tiefer ist. Vor der Nekropole geht die Aufschüttung sogar noch 8 m weiter, auch hier kann also noch viel ausgegraben werden. Wenn man von der Seite in Richtung Steinbruch schaut, sieht man deutlich, dass sich der Steinbruch sowohl nach rechts als auch nach links fortsetzt, er ist lediglich von der Vegetation verdeckt. All dies soll Ihnen verdeutlichen, dass das, was wir hier sehen, wahrscheinlich nur ein kleiner Teil einer Abbaufront ist, die sich über Hunderte von Metern in den Wald hinein erstreckt.

Die Gräber im Steinbruch
Vor dem Steinbruch wurden sieben Grubengräber und drei Sarkophaggräber entdeckt, die völlig verschüttet waren. Einer dieser Sarkophage ist noch sichtbar. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um die Bestattung eines Kindes, da im Inneren sogenannte Astragalen, d. h. Tierknochen, die man zum Würfelspielen verwendete, gefunden wurden. In einem der Grubengräber wurden dagegen die Überreste eines Mannes gefunden, der vor etwa 2.400 Jahren gelebt hat und im Alter von 40 bis 45 Jahren starb. Er war etwa 1,65 Meter groß und hatte eine kräftige Statur. Seine Zähne waren abgenutzt, da sie ihm womöglich als dritte Hand dienten? Er ernährte sich hauptsächlich von Fleisch und aß wenig Getreide. Dieser Mann starb an Krebs, der ursprünglich die Lunge befallen hatte und sich auf die Knochen des Rumpfes und der Gliedmaßen ausbreitete, eine Krankheit, die sicherlich auf das Einatmen der Dämpfe aus der Hüttentätigkeit zurückzuführen ist.

Die Nekropole
Wenn man die Felswand betrachtet, fallen einem sofort die zahlreichen Meißelspuren auf, mit denen die Wand wahrscheinlich eingeebnet wurde. Jede Öffnung entspricht einem Kammergrab. Die Kammern waren höchstwahrscheinlich mit Sandsteinblöcken verschlossen. In jeder Kammer befinden sich drei in den Fels gehauene Totenbetten, auf denen die Toten aufgebahrt wurden. Leider wurden diese Gräber in den 1960er Jahren fast alle geplündert. Rechts ist noch ein Teil des Tunnels zu sehen, den die Grabräuber gegraben haben, um die erste Ebene der Nekropole zu erreichen und die Grabkammern zu öffnen. Nur das sogenannte Grab 14 wurde vor der Plünderung bewahrt, weil es tiefer liegt als die anderen. An der Wand befinden sich auch zwei etruskische Inschriften: Die erste befindet sich etwa einen Meter über dem ganz rechten Grab. Die Inschrift ist von rechts nach links zu lesen. Wahrscheinlich handelt es sich um den Namen ANAS, vielleicht der Name des Besitzers des darunter liegenden Grabes. Die zweite Inschrift befindet sich auf der gleichen Ebene wie die erste, aber etwas weiter links. Es handelt sich um einen kleinen Kreis, der die Zahl 150 zu umschließen scheint, vielleicht ein Hinweis für die Arbeiter des Steinbruchs? Die vertikalen Öffnungen, die Sie oben in der Felswand sehen können, sind natürliche, durch Erosion entstandene Hohlräume.

Das Grab 14
Dieses Grab wurde im Mai 1997 unversehrt gefunden. Zum Zeitpunkt der Ausgrabung war die Tür des Grabes 14 noch durch eine Reihe von Sandsteinplatten verschlossen. Vor dem Eingang wurden Spuren von verbranntem Holz gefunden, möglicherweise die Überreste eines Scheiterhaufens. Das Grab bestand aus einer viereckigen Kammer mit drei in den Fels gehauenen Betten und Kissen. Im Inneren der Kammer wurden die noch vollständigen Grabbeigaben einer eingeäscherten Frau gefunden. Die Grabbeigaben bestanden aus äußerst wertvollen Funden. Auf dem Totenbett im hinteren Teil der Kammer wurden verbrannte Knochenreste und ein goldener Ohrring gefunden. Auf dem rechten Bett befand sich eine Reihe von Gefäßen zum Einschenken und Trinken von Wein während des Gastmahls: eine Amphore, zwei Krüge und vier Becher mit schwarzer Übermalung sowie die Reste von zwei Bleileuchtern, die teilweise zu Boden gefallen waren. Auf dem linken Bett stand ein Keramikkrug. Diese Ausstattung deutet darauf hin, dass die Verstorbene wahrscheinlich Dionysos geweiht war, dessen Kult mit dem Genuss von Wein verbunden war. Auf dem Boden wurden die während des Bestattungsrituals verwendeten Gefäße gefunden: ein kleiner Krug und eine Patera für das Trankopfer, Teller, eine Schale, eine kleine Olla für Speiseopfer und eine Amphore, die Wasser für die Reinigung enthielt. Die Grabbeigaben aus Grab 14 sind in Piombino im Archäologischen Museum des Territoriums Populonia aufbewahrt, wo die Rekonstruktion dieses Grabes und die Gegenstände so ausgestellt sind, wie sie bei der Ausgrabung gefunden wurden.

Der Würfel – Symbol des Treffpunkts
Eine Kuriosität: An der Seitenwand, links von Grab 14, ist eine Art großer Würfel (das Symbol der Treffpunkte des Archäologischen Parks Baratti Populonia) in den Fels gehauen. Im Moment bleibt das ein Rätsel: Wie war es möglich, so tiefe Einschnitte rund um den Würfel zu ritzen? Und wie hätte man ihn herausholen können, wenn dies tatsächlich die Absicht des antiken Steinbrucharbeiters gewesen wäre? Oder ist es womöglich ein geschnitzter Block, der für die Schaffung einer Skulptur bestimmt war, die nie vollendet wurde? Oder etwa ein neues Kammergrab, das sich als zu nahe an der Kammer des Grabs 14 erwies? Unser Symbol ist dazu bestimmt, ein Geheimnis zu bleiben!

Das Grab des Schmieds
Nach der Besichtigung von Grab 14 gehen Sie die Treppe hinauf und wenden sich nach rechts, wo Sie in der Felswand auf der linken Seite eine in den Sandstein gehauene Nische finden. Darin wurde eine Strigilis gefunden, ein Metallinstrument, das in der Antike in den Bädern oder in der Turnhalle verwendet wurde, um den Körper von der Mischung aus Öl und Staub zu reinigen. Vorne hingegen fand man Schlacke, die sicherlich absichtlich dorthin getragen wurde und somit vielleicht zur Bestattungsausrüstung eines Schmieds gehörte.

Bemalte Gräber
Wenn man die Via delle Cave weitergeht, kommt man an einer Reihe von neun nebeneinander liegenden Gräbern vorbei, die Gegenstand der ersten Ausgrabungen Ende der 1970er Jahre waren. Es handelt sich um einen großen Komplex von unterirdischen Gräbern mit in den Fels gehauenen Zugangsstufen. Bevor man die Bemalten Gräber erreicht, kommt man an einem Grab vorbei, das nie fertiggestellt wurde. Die Arbeiter hatten lediglich Zeit, die Zugangstreppe zur Kammer zu meißeln, bevor sie ihre Arbeit einstellten. Die letzten beiden Gräber sind die einzigen bemalten Gräber, die in Populonia gefunden wurden. Es handelt sich um das Grab der Delphine und das Grab des Corridietro. Sie sind die einzigen Gräber in der Nekropole der Höhlen, die einen gewölbten Eingang haben, während alle anderen einen quadratischen Eingang haben. Diese bemalten Gräber weisen sehr einfache Fresken auf, Delphine, die auf die Türpfosten gemalt wurden und heute fast verschwunden sind, einen Widderkopf am Fuß der Grabplattform und eine Reihe von wiederkehrenden Wellen an den Wänden der Kammer, rote Wellen auf gelblichem Grund. Die Wellen und Delphine sollten wahrscheinlich die Seele des Verstorbenen ins Jenseits befördern. Die meisten dieser Gräber wurden ab der Römerzeit geschändet. Auf den Zugangstreppen wurden Überreste von Grabstatuen, Dämonen des Todes oder wilde Tiere wie Löwen gefunden, die das Grab bewachten. Die gefundenen Materialien deuten darauf hin, dass die Nekropole zwischen dem Ende des 4. und dem Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. genutzt wurde.

Benachbarte Gräber
Vorbei an den bemalten Gräbern und weiter entlang der Via della Cave gelangt man zu den benachbarten Gräbern. Einige dieser Gräber sind in einem sehr schlechten Erhaltungszustand, da sie teilweise durch spätere Steinbrüche zur Gewinnung von Sandstein zerstört wurden, einem Baumaterial, das viele Jahrhunderte lang in Populonia verwendet wurde und auch heimlich abgebaut wurde. Eines dieser Gräber enthielt zahlreiche Gegenstände entlang des Zugangskorridors zur Grabkammer: Teller, Tassen, Krüge wurden zusammen mit Essensresten in einer dicken Schicht aus verbranntem Material aufgestapelt, wahrscheinlich die Spuren des Leichenmahls, das bei der Schließung des Grabes eingenommen wurde, bevor die Stufen mit Steinen und Schutt aufgefüllt wurden, um es dauerhaft zu verschließen. Die gefundenen Gegenstände deuten darauf hin, dass die Nekropole zwischen dem Ende des 4. und dem Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. genutzt wurde.